Einblicke


In dieser Monats-Serie teilt Wilfried Nelles in Form von kurzen Geschichten und Aphorismen Einsichten, die ihm plötzlich zugefallen sind. Er hat sie aufgeschrieben und so gelassen, wie sie sich beim ersten Mal quasi von selbst geschrieben haben. Dazu gehören auch Gedankensplitter zu aktuellen Themen, wenn sie sich zu einem kurzen Text verdichtet haben. Wir werden in der ersten Woche jeden Monats einen kurzen Text und/oder einige Aphorismen veröffentlichen – so lange der Vorrat reicht.

Übersicht:

2021

2020

Dezember 2021
Meinung und Erkenntnis

Eine Meinung erkennt man daran, dass man sie verteidigen muss, darüber diskutieren will, sie einem anderen beibringen will.

Eine Erkenntnis weiß man einfach, egal, was andere dazu meinen. Man kann sie teilen, aber wenn sie nicht verstanden wird, dann macht es einem nichts aus.

Meinungen sind Gedanken ohne Erfahrung.

 

 

November 2021
Grenzen

Es gibt zwei Arten von Grenzen: die äußeren und die inneren Grenzen.

Die äußeren Grenzen erfahren und verinnerlichen wir im Kontakt mit Menschen. Zuerst waren dies die (physischen und psychischen) Grenzen des Mutterleibes; dann begegneten wir in der Familie deren Grenzen, zum Beispiel in Gestalt von Ge- und Verboten, religiöser wie ganz weltlicher Art, in der Schule erweitern sich die Grenzen ein wenig und neue Regeln werden wichtig – und das meiste davon verinnerlichen wir so tief, dass wir es irrtümlicherweise für „ich selbst“ oder für unser Selbst halten. Dann geht es weiter über die Jugend, die sich aller Grenzen entledigen will, aber, wenn sie im gewöhnlichen erwachsenen Leben ankommen will, schnell neue Grenzen akzeptieren muss.

All diese Grenzen entstehen aus der Notwendigkeit des sozialen Kontaktes für unser Leben sowie den jeweiligen natürlichen (aus unserer eigenen menschlichen Natur oder der uns umgebenen Natur kommenden) Lebensbedingungen. Dazu gehören auch die Regeln der jeweiligen Kultur und des öffentlichen Lebens in der Gesellschaft. Ohne diese Grenzen gäbe es keine äußere Freiheit, es gäbe nur Chaos. Freiheit bedingt die Existenz und die Anerkennung von Grenzen.

Die Grenzen gelten aber nur zeitweilig, jede Lebensstufe – die Zeit im Mutterleib, die Kindheit, die Jugend, das Erwachsensein, … – hat andere und neue Grenzen. Das geht dann über das Persönliche hinaus bin hin zu den realen Landesgrenzen.

Mit „inneren Grenzen“ bezeichne ich das, was wir als „Ich muss“, „Ich darf nicht“, als „Das würde ich nie tun“ und Ähnliches empfinden. Man kann auch sagen: als unsere Werte. Das, womit wir uns innerlich identifizieren. Wenn wir uns ganz damit identifizieren, bemerken wir die Grenzen nicht als Grenzen. Aber auch hier gibt es eine Entwicklung in stetiger Korrespondenz mit den jeweiligen äußeren Grenzen: der Fötus ist mit der Mutter identifiziert, das Kind mit der Familie (“eigene Werte“ gibt es für ein Kind nicht, die Werte der Eltern sind die seinen), der Jugendliche mit sich selbst und seiner Idee von Freiheit, seinen Idealen, und der Erwachsene kommt, wenn er denn auch innerlich erwachsen wird, im wirklichen Leben an und sieht und respektiert ganz selbstverständlich dessen (des Lebens!) Grenzen.

Die äußeren Grenzen wollen anerkannt und respektiert werden, die inneren Grenzen müssen sich immer wieder auflösen und wandeln. Das ist das Gesetz des Lebens, in dieser Polarität existiert es und existieren wir. Unsere Werte sind nicht unsere Werte! Sie sind alle aufgesaugt, vom Mutterleib an, zuerst mit dem ganzen Leib, mit jeder Körperzelle, dann mit unseren Gefühlen in der Familie, mit unserem tiefsten Bedürfnis, dort einen guten Platz zu haben und der Bereitschaft, sich dafür anzupassen, bis zu den selbst konstruierten Idealen, Ideologien und „No Goes“ unserer modernen Zeit. All das muss durchschaut werden als etwas, was nichts mit einem selbst zu tun hat – dann landet man bei „sich selbst“. Und dieses Selbst hat keine Grenzen, es ist bodenlos und ohne Form (Formen gibt es nur mit Grenzen).

Wir sind mit uns selbst wie mit dem Leben im Einklang, wenn wir diesem Gesetz folgen. Dabei wandeln die inneren die äußeren Grenzen ganz beiläufig mit, so wie diese immer wieder neue Impulse für die innere Entwicklung geben.

 

Oktober 2021
Freiheit

Freiheit heißt, das zu vollziehen, was du vom innersten her willst.

Dieses Wollen hat aber nichts mit deinen Vorstellungen oder mit der Realisierung deiner Ideen, Wünsche und Träume zu tun.

Was du wirklich willst, weißt du noch nicht. Deine Vorstellungen musst du dafür aufgeben, denn sie stehen davor. Sie sind das, was vor dich gestellt wurde und was du jetzt vor dich stellst, um es zu erreichen. Sie kommen nicht von innen, sondern von außen, sind deine Reaktion auf die Welt (die Eltern).

Das Aufgeben der Vorstellungen und Wünsche ist aber kein aktives Tun, kein Verzicht oder so. Wenn du erkennst, was du wirklich willst, zerplatzen sie, sie fallen in Trümmer. Diese Zerstörung muss man aushalten oder, besser, einfach geschehen lassen. Manchmal tut das sehr weh.

Damit die Vorstellungen, Ideen, Wünsche und Träume zerplatzen können, muss man sie so intensiv wie möglich leben, ohne krampfhaft daran festzuhalten. Wenn man sie versteckt, sich nicht eingesteht oder sie auf andere Weise verschlossen hält, kann ihre Unwirklichkeit nicht ans Licht kommen. Dann bleiben sie, und du bleibst ihr Gefangener. Denn der Wärter lebt auch im Gefängnis.

 

September 2021
Sexualität

Sexualität ist die tiefste Triebkraft im Leben, der Wille des Lebens zu sich selbst.

In der Sexualität, der Lust wie der Zeugung, feiert sich das Leben selbst.
Und jeder einzelne darf es auf seine Art feiern.

Sexualität ist ein Werkzeug der Natur, das Werkzeug, mit dem das Leben sich selbst erneuert und damit erhält.
Damit wir dieses Werkzeug eifrig und gerne benutzen, hat das Leben uns die Lust geschenkt. Also dient die Lust – auch die ganz primitive Geilheit – dem Leben.

Die Sexualität ist für das Leben der Motor, die Lust ist der Antrieb, die Energie.
Wie groß oder wie klein, wie schwach oder wie stark der Motor ist, erben wir mit unseren Genen – es ist uns also vorgegeben und nicht änderbar;
wann er anspringt und heiß läuft, wann die Energie richtig strömt und ob sie dies überhaupt tut, wann also im menschlichen Gehirn und im Körper Lust aktiviert wird und wie viel, hängt von uralten Konditionierungen ab, die bis in unser evolutionäres Erbe hinein reichen und gänzlich autonom (im limbischen System unseres Gehirns) ablaufen, jenseits aller Kontrolle und ebenfalls nicht änderbar;
wie wir schließlich die Lust innerlich erleben und wie wir uns dazu verhalten, haben wir zum größten Teil im Mutterleib (über das unmittelbare Erleben der Sexualität der Mutter) aufgenommen, des weiteren in der Kindheit und Jugend. Man muss den Weg aber nicht zurückgehen und nach „Fehlentwicklungen“ suchen, wenn man seine wirkliche Sexualität entdecken will. Man muss nur konsequent und mutig dem Leben folgen. Dann begegnet einem die Sexualität von selbst, auch die eigene.

Aus alledem folgt: Es gibt in der Sexualität und der Lust keinerlei Schuld.

August 2021
Spirituelle Suche

Die spirituelle Suche beginnt mit einem Erkennen – dem Erkennen von etwas, was man bereits weiß.

Dieses Erkennen ist anfangs sehr vage. Es leuchtet auf und verschwindet auch wieder wie ein kurzer Blitz. Aber ein Blitz, der einschlägt und eine Spur hinterlässt. Man wird von etwas getroffen, ohne es wirklich zu verstehen, und meist auch, ohne es benennen zu können. Man liest oder hört oder erfährt auf andere Weise etwas, was auf einer tiefen, unbewussten Ebene eine Resonanz mit einem ebenso unbewussten Wissen auslöst, das man bereits in sich trägt. Dann beginnt die Suche.

Das ist keine bewusste Entscheidung. Das Getroffen werden lässt einem keine Wahl, es löst die Suche ganz von selbst aus. Diese Suche sucht nach dem, was man – ganz unbewusst – bereits weiß. Bildlich gesprochen: Man sucht die Saite in einem selbst, die durch die Erfahrung oder Begegnung in Schwingung versetzt wurde. Dieses Schwingen lässt einem keine Ruhe mehr.

Ein spiritueller Meister, ein Erleuchteter, kann deshalb nicht jeden erreichen. Wer das, was sich im und durch den Meister ausdrückt, nicht bereits in sich trägt, wird ihn nicht erkennen und von dem, was er sagt oder ist, nicht berührt werden. Wer es aber in sich trägt, kann ihm nicht ausweichen.

Was man also sucht, ist das eigene Wissen. Deshalb kann der Meister es einem auch nicht geben – man hat es ja schon. Man muss es nur ganz erkennen. Wenn einem das bewusst wird, ist das ein Schock.

 

Juli 2021
Männlich und weiblich

Das Leben verdankt seinen Grundimpuls dem männlichen Prinzip, der Penetration, dem Hinein- und Hindurchstoßen. Dann kommt das Weibliche, das Aufnehmen und Halten. Leben gibt es nur, wenn beides zusammenwirkt.

Dies beginnt bei der Zeugung – zunächst kommt das Eindringen des Mannes und das Ausstoßen seines Samens, dann das Aufnehmen durch die Frau, zuerst das Aufnehmen seines Penis, dann das Aufnehmen seines Samens durch ihr Ei, dessen Hülle das männliche Spermium wiederum durchstoßen muss und die diesem Stoßen nachgibt.

Der gleiche Vorgang wiederholt sich bei der Geburt, nur in umgekehrter Richtung – zunächst stößt das Kind gegen den Muttermund, der sich dann öffnet und den Weg in den Geburtskanal freigibt, und dann stößt es, vom Druck der Wehen unterstützt, durch den Kanal ins Freie, wobei die Frau sich wiederum so weit wie möglich öffnen und diesem Vorgang nachgeben muss. Auch danach, also nach der Geburt, muss das Kind, wie zuvor der Samen, von der Frau empfangen und gehalten werden, damit es überleben kann.

Allerdings ist dies, wie alles, auch eine Frage der Perspektive. Man kann auch sagen, dass die Frau oder die Vulva den Mann und seinen Phallus ruft und er diesem Ruf nicht widerstehen kann. Dann läge der anfängliche Impuls bei ihr. Vielleicht ist das die tiefere Wahrheit. Ebenso bei der Geburt: Vielleicht wird das Kind nicht nur einfach hinausgedrückt, sondern es folgt dem Ruf des Lebens. Wahrscheinlich wirkt beides zugleich, sowohl bei der Geburt als auch bei der Empfängnis.

Das ändert aber nichts daran, dass Ein- und Durchdringen einerseits und Empfangen und Halten andererseits – also der Mann und die Frau – zusammenwirken und ihren ganz spezifischen und ganz verschiedenen, ja vollkommen gegensätzlich aussehenden Part spielen müssen, damit menschliches Leben entstehen kann.

Vor diesem Hintergrund erscheint der Geschlechterkampf nicht nur töricht, sondern auch lebensfeindlich. Und die Idee, Männer und Frauen müssten / sollten so gleich wie möglich sein, Frauen sollten möglichst das Gleiche tun wie Männer und Männer das Gleiche wie Frauen, ebenfalls. Gleichheit bedeutet Stillstand und das Ende des Lebens.

 

Juni 2021
Blockaden

Blockaden sind Ideen, die einen blockieren.
Wenn man an seinen Blockaden arbeitet,
nimmt man diese Ideen ernst und
gibt ihnen Substanz.
Das stärkt sie.
Am besten dreht man sich einfach um.
*
Die Arbeit an Blockaden ist für Therapeuten
eine einträgliche, aber auch frustrierende Sache.

 

Mai 2021
Mann und Frau

Mann und Frau sind verschieden
wie Tag und Nacht.
Und sie brauchen einander wie Tag und Nacht –
als das jeweils Andere,
das, was sie selbst nicht sind,
um sich darin ganz sehen und erfahren zu können.
Wenn sie das verstehen, können Männer und Frauen
gemeinsam vollständig werden.

 

 

April 2021
Natur

Die Natur ist eine vollkommene Harmonie
von Geben und Nehmen.
Alles und jeder nimmt von allen,
alles und jeder gibt sich allen.
Der Baum, der seinen Schatten spendet,
ernährt zugleich tausende von Lebewesen,
den Menschen eingeschlossen,
und all diese Lebewesen ernähren sich von ihm
und voneinander.

Manche bezeichnen dies als
fressen und gefressen werden.
Man kann es auch als Liebe sehen.

 

März 2021
Die Seele, das Ich und der freie Wille

An die Seele glaubt man heute ebenso wenig wie an Gott, den Teufel etc. Die Psychologie, die einst die Wissenschaft von der Seele sein sollte (und von vielen Laien noch dafür gehalten wird), hat das Wort „Seele“ vollkommen aufgegeben, weil sich die Existenz einer Seele wissenschaftlich nicht nachweisen lässt.

Dafür glaubt der moderne Mensch umso inbrünstiger an das Ich, an den „freien“ Willen, an „persönliche Autonomie“, etc. Aber was ist mit dem Ich, mit Ich-Autonomie: Sind die nachweisbar, gibt es das Ich wirklich? Wo sitzt der „freie Wille“? Existiert er tatsächlich? Wo hat er seinen Platz im Gehirn? Hat ihn je jemand gesehen oder „wissenschaftlich nachgewiesen“? Wer ist hier abergläubig? Die Alten oder wir aufgeklärten, „rationalen“ Modernen?

 

 

Februar 2021
Denken

Das Denken geschieht immer im Jetzt,
die Gedanken, die Inhalte des Denkens, sind nie im Jetzt.

Wenn man also seine Aufmerksamkeit auf das lenkt, was man denkt, ist man nicht in der Gegenwart und nicht bei sich, sondern außer sich.

Wenn man seine Aufmerksamkeit auf den Vorgang des Denkens richtet, ist man gegenwärtig.

 

Januar 2021
Die innere Stimme

Die wirkliche innere Stimme ist still; sie redet nicht, doch man kann sie wahrnehmen.

Alle „inneren“ Stimmen, die reden (laut sind), kommen von früher – was bedeutet, dass sie keine inneren, sondern äußere Stimmen sind, die wir verinnerlicht haben, und die uns dann scheinbar von innen heraus sagen, was wir tun müssen, um gut zu sein, so wie es uns früher die Eltern oder andere äußere Instanzen gesagt haben.

 

 

Dezember 2020
Potential und Selbst

Wenn man beim LIP auf die Position 1 schaut und dort das entdeckt oder etwas von dem erahnt, was ich das „innere Potential“ genannt habe, dann ist das nicht zu verwechseln mit dem Selbst.

Das Selbst geht weit darüber hinaus.

Im „inneren Potential“ steckt vielmehr die jeweils individuelle Kraft und Fähigkeit, die dich in dein Selbst hinein und über es hinaus trägt.

Oder, um mit Khalil Gibran zu sprechen, die dir vom Leben gegebene Form und Energie, in der und durch die sich dessen „Sehnsucht nach sich selbst“ erfüllen will.

 

 

November 2020
Wahrheit

Die Wahrheit spricht über sich selbst und zeigt sich selbst.
Man muss nur lernen, sie zu wahr-zu-nehmen.
Wenn man sie hört oder sieht, weiß man es.

Das, was man beweisen kann oder muss, ist nicht die Wahrheit.

Die Wahrheit wird erst erkannt, wenn sie erfahren wird.
Dann ist sie auch erst wahr im vollen Sinne.

 

 

Oktober 2020
Spontanes Handeln und Reagieren

Spontan handeln (auf die jeweilige Situation antworten) ist etwas ganz anderes als reagieren.

Eine Reaktion kommt aus der unbewussten Erinnerung, aus dem Verstand bis hin zu den unbewussten Erinnerungen unserer Körperzellen an Erfahrungen im Mutterleib. Sie ist ein erlerntes Verhalten, ein Muster, das bei ähnlichen Situationen immer wieder aktiviert und wiederholt wird. Deshalb kann man es auch messen und (in gewissen Grenzen) vorhersagen.

Spontanes Handeln entsteht im Jetzt, es kommt aus der inneren Leere. Es ist nichts Erlerntes, es ist frisch und neu und selbst für den Handelnden überraschend. Es kommt nicht aus der Person, sondern es geschieht durch sie.

Diese Unterscheidung muss man lernen und vollkommen verinnerlichen, wenn man als phänomenologischer Therapeut arbeiten will. Dazu braucht es:

  1. Eine lange Zeit der aufrichtigen, radikal ehrlichen und wertfreien Selbstbeobachtung. Das kann durch Meditation geschehen, aber ebenso gut kann man es im Alltag praktizieren und erlernen. Ich ziehe Letzteres vor, aber in den ersten Jahren dürfte eine halbe Stunde stilles Sitzen alle 1-2 Tage sehr hilfreich sein.
  2. Viel Geduld und Liebe zur Wahrheit und zu sich selbst. Vor allem am Anfang, wenn einem bewusst wird, wie sehr man immer nach alten Mustern reagiert, braucht es diese Liebe zu sich selbst. Und auch später, wenn man immer wieder „Fehler“ macht. Und wenn man wirklich tief gehen will, muss sich diese Liebe auch auf die so genannten dunklen Seiten (den „Schatten“) in sich selbst erstrecken. Der Antrieb dazu kommt letztlich aus dem Willen zur Wahrheit, der kein persönlicher Wille ist, sondern einer, den das Leben selbst durch dich vollstrecken will.
  3. Die Bereitschaft, (bei allen Unzulänglichkeiten) zur eigenen Größe zu stehen und so sein inneres Wachstum auch tatsächlich zu sich zu nehmen. Wenn zum Beispiel der Meditierer tatsächlich innerlich wächst, dann wächst er eines Tages aus dem Meditieren heraus. Das gilt vielleicht nicht für Asiaten, aber sicher für Westler. Dazu muss er dieses Wachstum aber zu sich nehmen, es sich innerlich eingestehen und auch äußerlich dazu stehen. Zum Beispiel, indem er mit dem Meditieren aufhört, egal, was andere äußere oder innere Stimmen dazu sagen. wenn er innerlich merkt, dass es genug ist. Und sich nicht einredet oder einreden lässt, er müsse zuerst noch mehr wachsen, vielleicht mehr meditieren. Und er muss auch den Mut haben, dazu äußerlich zu stehen. Nur dann wächst man weiter, nur dann geschieht das Wachstum auf natürlich-leichte Weise und trägt einen ganz von selbst auf die nächste Stufe. Und so geht es weiter und weiter, und man muss immer voll und ganz zu sich, und das heißt in diesem Zusammenhang: zu seiner Größe, stehen. Natürlich gibt es Stimmen von außen wie von Innen, die einem einreden, man wäre überheblich oder so. Die wirkliche innere Stimme ist still, sie redet nicht, doch man kann sie hören. Alle „inneren“ Stimmen, die reden, kommen von früher.
  4. Generell muss jede Wachstumsstufe innerlich voll genommen und tatsächlich gelebt werden, genauso, wie wir sie auch äußerlich voll nehmen und leben (müssen). Nur dann geschieht der nächste Übergang, und dann geschieht er leicht.

 

September 2020
Akademische Psychologie

Die akademische Psychologie beschäftigt sich weitestgehend mit erlerntem Verhalten, damit, wie Menschen auf äußere Reize reagieren. Da diese Reaktion im Gehirn entsteht, beschäftigt sie sich mit dem Gehirn und dem Verstand. Auch hoch emotionales Verhalten wird als erlerntes Reaktionsmuster des Verstandes angesehen, studiert und therapiert.

Soweit es um reaktives Verhalten geht, ist dieser Ansatz vollkommen angemessen. Die Frage ist nur: Ist alles menschliche Handeln erlernt? Ist es immer eine Reaktion auf einen äußeren Reiz? Oder gibt es auch spontanes, unverursachtes Handeln?

 

 

August 2020
Das Leben geschehen lassen

Das Leben geschehen lassen bedeutet einfach, sich vom Leben selbst bewegen zu lassen. Das ist auch wirkliches Loslassen. Was loszulassen ist, ist vor allem die Idee, das Leben und, vor allem, sich selbst seinen eigenen Vorstellungen entsprechend gestalten und kontrollieren zu können (zu müssen).

Dazu muss man das Tun aufgeben – und all seine Werte und Ideale. Denn sie und unser eigenes Tun stehen der Bewegung des Lebens selbst im Weg, sie be- oder verhindern sie.

Das Tun besteht darin, sich der natürlichen Bewegung des Lebens zu verschließen oder sich dagegen wenigstens innerlich zu schützen (defensive Seite) und / oder sich permanent um die Verwirklichung seiner Ziele und Ideen zu bemühen.

Mit den Idealen halten wir das Leben selbst von uns fern. Wenn etwas nicht „meinen Werten“ entspricht, gehört es durchaus zum Leben, und zwar genauso voll und berechtigt, wie „meine Werte“. Für „wertegebundene“ Menschen ist das wirkliche Leben eine ständige Störung.

Das Lassen muss man durchaus auch wollen, man muss sich den Kräften des Lebens, wie sie in unserer jeweils eigenen Natur und Gestalt zum Ausdruck kommen wollen, bereitwillig und offen überlassen. Dieses Aufgeben aller Kontrolle ist das einzige, was man wollen muss.

 

 

Juli 2020
Junge oder Mädchen?

Wenn ein weiblicher Embryo zwei Monate alt ist, wachsen in ihm die Eizellen, aus denen später, wenn sie befruchtet worden sind, neue Menschen entstehen können. Wenn er fünf Monate alt ist, sind alle Eizellen fertig. Etwa vier Monate später erblickt dieses Kind das Licht der Welt, und es hat den Körper eines Mädchens, aus dem später eine Frau wird.

Warum ich dies schreibe?
Weil uns heute erzählt wird, das man nicht als Frau geboren, sondern (von der Gesellschaft) dazu gemacht wird, und manche jungen Frauen dies glauben und meinen, sie hätten einen falschen Körper und könnten Männer werden.

Was war vorher da? Unser Körper oder unser Denken?

 

 

Juni 2020
Leben und Tod

Das Leben geschieht
… wann es will, wo es will, wie es will, wie lange es will.

Niemand macht sein Leben, niemand gestaltet es. Das Leben gestaltet dich, es formt dich.

Es lebt auch niemand sein Leben – das Leben lebt sich selbst durch dich.

Wir werden geboren, um zu sterben.
Wir sterben, damit neues Leben entstehen kann.

Das Leben ist Bewegung. Wohin? Zum Tod.
Der Tod macht das Leben lebenswert.
Leben und Tod sind Eins – Erscheinungen des Einen.

 

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