Ein persönlicher Nachruf auf Hunter Beaumont

Ein persönlicher Nachruf auf Hunter Beaumont

„Das wichtigste, was Du deinen Klienten geben kannst, bist du selbst“

Am 5. Juni 2023 verstarb Hunter Beaumont nach kurzer, schwerer Krankheit.

Bin ich der Richtige, um einen Nachruf auf ihn zu verfassen? Ich stand ihm nicht nah, wir standen nicht in persönlichen Kontakt und doch nimmt Hunter eine wesentliche Stellung in meinem Lebenslauf ein, ohne die ich heute nicht der wäre, der ich bin. Aus dieser persönlichen Perspektive heraus möchte ich ihn und sein Lebenswerk hier würdigen.

Mit Hunter starb innerhalb einer überschaubaren Zeit nach Wolf Büntig und Hans Jellouschek ein weiterer Großer des freigeistigen Teils der deutschen Psychotherapie. Ich habe ihn zum ersten Mal kennengelernt bei einem Workshop beim IAG-Kongress 2007 in Köln. Einige Jahre später hat er mich in seine letzte vierjährige tiefenpsychologische Fortbildung am ZIST aufgenommen, nachdem ich mit viel Nachdruck darum gebeten hatte (ich war damals 28 und der Kurs richtete sich offiziell an „erfahrene Psychotherapeuten“). Ich erlebte ihn in diesen vier Jahren als Lehrer der Psychotherapie und des Lebens in einem umfassenden Sinne. Sein amerikanischer Pragmatismus, mittels dem er komplexe psychologische Themen erfahrbar und spürbar machte, seine breite Bildung, Humor, Intelligenz und Charisma – nachdem ich ihn erlebt habe, wusste ich, wie ich die Sache mit der Psychotherapie angehen wollte. Auch mit der Aufstellungsarbeit hat er sich nach der Begegnung mit Bert Hellinger intensiv befasst und ihm kommt insbesondere der Verdienst zu, diese in die Anglosphäre gebracht zu haben. Ich habe ihn jedoch so erlebt, dass er stets ein Therapeut war, der mit Aufstellungen arbeitet, jedoch nicht andersherum – auch in dieser Hinsicht war er mir als jungem Mann, der nach nichts inniger strebte, als Psychotherapeut zu werden, im Wortsinn ein Vorbild und ist es heute noch.

Wenn man mich fragen würde, welches meine erste Assoziation zu Hunter Beaumont wäre, würde ich antworten: Tiefe. Hunter besaß in seinem Sprechen und Handeln eine Bedeutungsschwere, zu der er selbst stand. Er hat sich selbst ernst genommen. Was er sagte, hatte Gewicht. Es hatte Tiefe. Er brauchte sich hierfür nicht zu strecken oder zu schauspielern – man spürte sofort, dass hier jemand etwas Wichtiges zu sagen hat. Wenn er das Wort Seele sprach, das für ihn etwas reales, unmittelbar Erfahrbares, etwas sich in uns Öffnendes bedeutete, öffneten sich spürbar die Seelen der Menschen in seinen Kursen und auch meine Seele öffnete sich und lauschte seinen Worten. Ich selbst komme an diesen Erfahrungen nicht mehr vorbei und sie haben in frühem Alter meine Identität als Therapeut und mein tiefes Interesse für die Seele geprägt.

Einmal sprach Hunter in unserer Fortbildung folgenden einfachen Satz: „Das wichtigste, was du deinen Klienten geben kannst, bist Du selbst“. Er selbst hat sich vielen Menschen und als Lehrer vielen Therapeuten selbst gegeben und sein Geist lebt so fort nach deinem Tod.

Farewell Hunter

Malte Nelles, geschrieben für die DGfS am 07.06.2023.

 

Ein persönlicher Nachruf auf Hunter Beaumont